Forschungsprofil des FB 1: Bildungswissenschaften

Bildung ist in allen Abschnitten des Lebensverlaufs ein Schlüssel zur sozialen Teilhabe in einer globalisierten, von sozialen, ökonomischen und ökologischen Transformationsdynamiken gekennzeichneten Welt. Mehr denn je ist sie gegenwärtig elementare Aufgabe einer jeden Gesellschaft, die dafür sorgen will, dass die nachwachsenden Generationen in der Lage sind, ein selbstbestimmtes und für die Gestaltung mitmenschlicher Verhältnisse verantwortungsvolles Leben zu führen. Fragen nach der Verbindlichkeit gemeinsamer Wertorientierungen und Möglichkeiten demokratischer Lebensformen sind dabei ebenso drängend wie der Fokus auf einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen und der Einsatz für mehr Bildungsgerechtigkeit. Die Bildungswissenschaften reflektieren diese sozialen Herausforderungen und nehmen sich ihrer Analyse in einer inhaltlich eng aufeinander bezogenen Forschung und Lehre an. Auf diese Weise tragen sie durch wissenschaftliche Expertisen und thematisch wie methodisch innovative Zugänge zu Aufklärung und Erkenntnisgenerierung bei, die ihren gesellschaftlich-kulturellen Auftrag für Wissenschaft und Region ernst nimmt.

System und Organisation

Der Bereich System und Organisation behandelt neben theoretischen Grundfragen dieser Konzepte bildungsspezifische Fragen im Kontext sozialer Verbände auf der Makro-, Meso- und Mikroebene. Dazu gehören rahmensetzend Gesellschaften als Staaten oder Nationen, Unternehmen, Behörden und zivilgesellschaftlichen Einrichtungen sowie soziale Beziehungen und Interaktionen. All diese Strukturmomente sind unter den Bedingungen moderner ‚Wissensgesellschaften‘ einer permanenten Veränderung bzw. einem fortdauernden Anpassungsdruck ausgesetzt. Gleichwohl gelten sie als Konstanten in der Konstituierung gesellschaftlicher Ordnung und der Vermittlung von Wissen und Werten. Die Institute des Fachbereichs 1 untersuchen Formen des Lernens, der Entwicklung, Perpetuierung, reflexiven Gestaltung und Vernetzung insbesondere bildungsspezifischer gesellschaftlicher Strukturen.

Differenz und Heterogenität

Der Bereich Differenz und Heterogenität akzentuiert die verankerten Fragen von Ungleichheit und Diversität, wobei zum Beispiel im Bildungsbereich die Frage nach ungleicher Chancenverteilung in den Blick genommen wird. Vor dem Hintergrund von sich – durch gesteigerte Mobilität und digitale Vernetzung – immer weiter pluralisierenden, diversifizierenden und globalisierenden Gesellschaften und der zunehmend auch in der politischen und medialen Öffentlichkeit problematisierten Frage nach den Chancen gesellschaftlichen Zusammenhalts ist die Erforschung von bestehenden, neuen oder alternativen Zugängen der bildungsvermittelten Teilhabe an Kultur und Gesellschaft in Prozessen der Sozialisation, Enkulturation und Akkulturation (Migration) zwingend. Die Institute des Fachbereichs 1 widmen sich diesen Problemen auf vielfältige Weise durch die Analyse und Entwicklung von Bildungs- und Partizipationschancen unter Berücksichtigung der sich wandelnden Strukturen und Bedingungen von Ungleichheit (u.a. in den Dimensionen Alter, Geschlecht, Herkunft, Physis, Fähigkeiten etc.).

Kultur und Wissen

Im Bereich Kultur und Wissen werden die historisch gewachsenen Rahmenbedingungen von Bildung als Wissensvermittlung, als Vermittlung grundlegender kultureller Techniken und Muster sowie im Kontext künstlerisch-kultureller Teilhabe behandelt. Im Zuge fortschreitender Globalisierung gestalten sich Gesellschaften immer heterogener und diverser; dennoch gründen soziale Normen, Praktiken, Wertsysteme und damit gesellschaftliches Wissen in über lange Zeit ‚gewordenen‘ Ordnungen soziale Beziehungen, soziale Kommunikationsformen (Sprache und Schrift) und Traditionen. Das Verständnis der Mittel und Wege der gesellschaftlichen Weitergabe von Wissen ist ohne eine genaue Kenntnis und Reflexion des kulturellen Erbes ebenso wenig sinnvoll wie ein Verstehen der Formen gesellschaftlichen Zusammenhalts. Die Institute des Fachbereichs 1 untersuchen insbesondere die Formen der kulturspezifischen Wissensvermittlung und institutionellen Enkulturation in diachroner, synchroner und komparatistischer Perspektive.

Individuelle Entwicklung und Wandel

Im Bereich Individuelle Entwicklung und Wandel geht es mit Blick auf Interaktionen und Individuen um das Werden der Persönlichkeit innerhalb von Lern- und Bildungsprozessen. Dies betrifft einerseits die in Bildungs-, Sozialisations- und Enkulturationsprozessen stattfindenden Prägungen der Einzelnen in Abhängigkeit von ihren institutionellen und personellen Beziehungen. Andererseits wird die Reflexion des Individuums auf diese Prozesse – etwa im Rahmen von Identitätsbildung, Identitätsarbeit oder Biographie – erfasst. Die Institute des Fachbereichs 1 arbeiten an Themenfeldern, die sich mit allgemein gesellschaftlichen sowie mit bildungssystemischen Momenten dieser mannigfachen Prägung und Formung des Individuums beschäftigen. Zudem wird dabei die Umwelt als externer und kontinuierlich wandelnder Einflussfaktor, der sowohl Individuen als auch Systeme und Kulturen beeinflusst, in den Blick genommen.