Forschung am Institut für Förderpädagogik
Forschungsprofil
Das Institut für Förderpädagogik der Universität Koblenz orientiert sich in seiner sonderpädagogischen Theoriebildung und Forschung an einer gesellschaftstheoretischen Fundierung. Unter gesellschaftstheoretischer Fundierung verstehen wir einen übergeordneten Rahmen, der verschiedene theoretische Perspektiven und Paradigmen umfasst, die dadurch verbunden sind, dass sie (institutionalisierte) Bildungsprozesse als gesellschaftlich und historisch verfasst verstehen.
Dieser Anspruch gilt neben Didaktik, Schul- und Unterrichtstheorie besonders für diagnostische Prozesse, Verfahren und Praktiken, bei denen eine Reflexion gesellschaftlicher Verhältnisse bislang häufig ausbleibt. Es greift zu kurz, Diagnostik als Erhebung von Individualeigenschaften zu verstehen. Eine Diagnostik mit gesellschaftstheoretischem Anspruch drückt sich z.B. als Kritik der Individualisierung, als Primat des Sozialen, im Sinne des Sozialen/Kulturellen Modells der Disability Studies und/oder als subjektivationstheoretische Analyse der Verschränkung von Diskurs und Subjekt aus. In jedem Fall wird individualistischen Attributionen von Problemlagen auf einzelne Personen ein Verständnis entgegengesetzt, das die historische und kulturelle Situiertheit diagnostischer Kategorien und Praktiken betont. Darüber hinaus gilt es, die intersektionale Verwobenheit von Zuschreibungen bestimmter Kategorien mit Personmerkmalen kritisch zu hinterfragen.
Diagnostische Schlussfolgerungen sind stets mit Implikationen für das pädagogische Handeln und somit einer pädagogisch anschlussfähigen Diagnostik zu verknüpfen, das in Achtung vor der Würde und Singularität des Subjekts und auf Basis einer empirisch fundierten Entwicklungslogik ansetzt und dabei strukturelle, soziale und kulturelle Rahmenbedingungen mitberücksichtigt.
Für eine differenzsensible und diskriminierungsfreie Diagnostik muss das Testen selbst als kulturelle Praxis verstanden werden. Dazu gehört nicht nur eine kritische Perspektive auf die Produktion der Anderen (Othering), sondern auch auf die Produktion subalterner Gruppen, die in diagnostischen Prozessen nicht erfasst oder übersehen werden – so zum Beispiel der in sich heterogene Personenkreis der Menschen mit komplexer Behinderung. Ebenso erfordert eine solche Perspektive die Reflexion der Validität, Reliabilität und ethischen Vertretbarkeit von Befragungstechniken, strukturierten Beobachtungen sowie standardisierten Testverfahren sowie der zugrunde liegenden Bezugsnormenorientierung.
Auch deshalb legt das Koblenzer Institut für Förderpädagogik besonderen Wert auf die Betrachtung der Verschränkung sozialer, emotionaler, kognitiver, sprachlicher und weiterer Entwicklungsdimensionen im Rahmen der Analyse von Lernvoraussetzungen, Entwicklungswegen und Bildungsbarrieren. Unser Ziel ist es, die gängige Aufteilung in sonderpädagogische Förderschwerpunkte im interdisziplinären Austausch zu überschreiten sowie Kindern und Jugendlichen, denen ein sonderpädagogischer Unterstützungsbedarf in einem oder mehreren Förderschwerpunkten zugewiesen wird, über die Lebensspanne hinweg gerecht zu werden. Die Förderung gesellschaftlicher Teilhabe und die Vorbereitung auf eine möglichst selbstbestimmte Lebensführung mit Blick auf aktuelle und zukünftige Lebenswelten stehen dabei im Zentrum sämtlicher schulischer Maßnahmen.
Mit dem regelmäßig stattfindenden Institutskolloquium S!C bietet das Institut für Förderpädagogik hierzu einen förderschwerpunktübergreifenden Raum zur Vorstellung aktueller Themen und Fragestellungen, Diskussion von Forschungsarbeiten, Anbahnung von Kooperationen und zur Begleitung von Qualifikationsarbeiten.
S!C - Sonderpädagogisches Instituts-Colloquium
Im Sonderpädagogischen Instituts-Colloquium (S!C) präsentieren und diskutieren sowohl Institutsangehörige als auch externe Gäste ihre Forschungsarbeiten, Projekte und Ideen. Bei Interesse oder Nachfragen wenden Sie sich gerne an mboger@uni-koblenz.de
Aktuelle Termine: S!C im WiSe 2025/26
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Gremien
Mitglieder des Institutsrats für Förderpädagogik des FB1:
Professorale Mitglieder: Mai-Anh Boger, Thorsten Merl, Holger Schäfer, Maja Stegenwallner-Schütz
Für die Studierenden: Maike Leyendecker
Für den Mittelbau: Dr. Sina Isabel Freund
Für die Gruppe der MTV: Heike Knauf
Beratendes Mitglied/Promovierendenvertretung: Elias Braun