Nachruf auf Prof. Dr. Winfried Rösler (27. März 1951 - 16. April 2022)
Am 16. April 2022 ist Winfried Rösler, unser geschätzter Kollege und Professor für Allgemeine Pädagogik, im Alter von 71 Jahren nach langen Jahren der Krankheit gestorben.

Winfried Rösler hat nach seiner Schulzeit zunächst die Pädagogische Hochschule in Karlsruhe besucht, wo er das Studium 1974 mit der Dienstprüfung für das Lehramt an Realschulen abschloss, um daraufhin ein zweites Studium der Philosophie, Pädagogik und Germanistik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg aufzunehmen. Die Promotion zum Dr. phil. erfolgte im Jahr 1979 über die Kantrekonstruktion in der Konstruktiven Ethik. Es schlossen sich von 1980 bis 1989 akademische Jahre als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bzw. Hochschulassistent an der Universität Mannheim an. 1988 habilitierte sich Winfried Rösler ebendort mit einer Arbeit zur praktischen Philosophie Fichtes, Herbarts und Schleiermachers. 1989 wurde er als Professor an die Erziehungswissenschaftliche Hochschule Rheinland-Pfalz, Abt. Koblenz berufen, zunächst für Grundschulpädagogik. Zum Wintersemester 2003/04 erfolgte sodann die Übernahme der Professur für Allgemeine Pädagogik im Nachbarinstitut.
Sich selbst viel mehr als Künstler denn als Erziehungswissenschaftler verstehend widmete sich Winfried Rösler Themen, die den Spuren von Bildung und Erziehung grundlegend auf ästhetischen Wegen nachspürten und diese in unnachahmlicher Weise zur Darstellung brachten. Vorlesungen wurden von ihm angekündigt als „Literatur-Lesungen“: zu Goethes Wahlverwandtschaften ebenso wie zu Fontanes Effi Briest. Zugleich war Winfried Rösler exzellent bewandert auf bildungshistorischen Gefilden. Die Veranstaltungen – etwa über „Kindheitsmuster“ in Röslers Koblenzer Anfangsjahren oder Vorlesungen mit Titeln wie „Femme fatale und Dandy. Zur Bildungsgeschichte der Jahrhundertwende“ (Wintersemester 2007/08) – sind regelrechte schauspielerische Auftritte gewesen. Sie waren funktional vielleicht ganz im Sinne des epischen Theaters von Brecht zu sehen. Sie leisteten Aufklärung, sorgten für Unterhaltung und machten handlungsfähig. Auch jenseits des Hörsaals begeisterte Rösler in seinen Rollen – u.a. in der des Mephisto – und mit seiner Leidenschaft für die schönen Künste. Er leitete längere Zeit die Theaterwerkstatt der Koblenzer Universität, spielte Bühnenrollen an verschiedenen Privat-Theatern, rezitierte in öffentlichen Soiréen Literatur und gab Klavier-Récitals. Was aktuelle Debatten der wissenschaftlichen Pädagogik waren, wie die Allgemeine Pädagogik im Laufe der 1990er-Jahre mehr und mehr sozialwissenschaftliche Zugänge etablierte – das alles interessierte Rösler nur aus kritischer Distanz. Klassisches Denken fortzuschreiben, aber ohne Stillstand zu betreiben oder Traditionen zu wahren, dies charakterisierte seine Haltung zum pädagogischen Sujet durch und durch. Oder wie der langjährige Koblenzer Weggefährte und enge Freund Prof. Dr. Norbert Neumann es in der 2016er-Festschrift für Winfried Rösler formulierte: „Universität nur im Stile Winfried Röslers geht nicht, aber ohne ihn fehlt das Gegengift gegen die Vereinnahmung durch Theoriemoden.“ (Allmann/Dazert 2016: 253) Winfried Rösler fehlt schon jetzt – es bleiben die Bücher, die er in den letzten Jahren noch schreiben konnte, und die Erinnerungen an ihn.
Prof. Dr. Thorsten Fuchs - für die Abteilung Pädagogik und den Fachbereich 1
Traueranzeige – Prof. Dr. Winfried Rösler (1951–2022) – Bildrechte: Prof. Dr. Nicole Hoffmann