Promotionsvorhaben
Simulation von Kabeln und Schläuchen - Anforderungen und Einflüsse
Name
Christian Wienss
Status
Abgeschlossen
Abschluss der Promotion
Erstbetreuer*in
Prof. Dr. Stefan Müller
Gutachter*in 2
Prof. Dr. Gabriel Zachmann
In dieser Arbeit wurde untersucht, wie sich das bestehende Modell der Kabelsimulation verbessern lässt. Hierfür wurde zunächst analysiert, welches die Einflussfaktoren auf eine Simulation sind. Des Weiteren wurde der Einfluss der Rand- und Nebenbedingungen auf die Genauigkeit der Verlaufssimulation untersucht. Zur Überprüfung der Genauigkeit ist zum Vergleich mit der Simulation ein Abbild der Realität anzufertigen. Ein laserbasiertes Verfahren erwies sich gegenüber haptischen und anderen optischen Vermessungstechniken als geeignet. So wurde der Formverlauf der realen Probe zügig und sehr genau in ein 3D-Datenformat überführt, welches in
die Simulationsumgebung geladen wurde. Die Annahme war, dass die Simulationsart selber den größten Einfluss auf den Formverlauf ausübt. Deshalb wurden die Fähigkeiten der nach Kenntnis des Autors zur Zeit fortgeschrittensten Simulationsmethoden analysiert. Es zeigte sich, dass das
Hauptkriterium nicht wie erwartet die Genauigkeit ist. Prozessintegration und Bedienbarkeit stellten sich als die zur Nutzung wichtigsten Anforderungen an eine Simulation heraus. Weitere Faktoren wie Funktionalität, Echtzeitfähigkeit und Kosten der Methoden wurden zudem beleuchtet.
Die untersuchten Methoden basieren auf der Lösung der Elastizitätsgleichungen mit verschiedenen Diskretisierungsverfahren, Finiten-Elementen und einem Feder-
Impuls-System. Aufgrund der langen Berechnungsdauer und der verzögerten Reaktion
des Impulssystems auf Eingabe wird der Finiten-Element-Methode und dem
Feder-Impuls-System allerdings langfristig wenig Wettbewerbsfähigkeit zugeschrieben.
Die anderen vorgestellten Systeme unterscheiden sich nach den vorliegenden
Veröffentlichungen und der beschriebenen Herangehensweise weniger in ihrer Genauigkeit
als in der Echtzeitfähigkeit, Datenintegrität und Funktionalität. Im Rahmen dieser Arbeit zeigte sich, dass für die Genauigkeit einige Faktoren ausschlaggebend sind, welche vom Simulationssystem unabhängig sind. Als sehr großer Einflussfaktor auf alle Simulationsansätze wurde die richtige Zuweisung des Materials erkannt. Mit einer genauen Zuweisung von Materialeigenschaften
hat sich bislang nur der Finite-Element-Ansatz auseinandergesetzt. Die Herangehensweise
ist allerdings weder dokumentiert noch validiert. In den weiteren Ansätzen
wurden geschätzte Werte oder Federkonstanten übergeben, aus denen ein optisch
plausibler Formverlauf simuliert wurde. Aus diesem Grund wurden Materialkennwerte
von real verbauten flexiblen Bauteilen vermessen und der Simulation übergeben.
Es wurde erwiesen, dass die gemessenen Werte in der Simulation zu einer sehr guten
Übereinstimmung mit dem realen Probenverhalten führen. Da die Vermessung sehr
zeit- und kostenintensiv ist, wurde nach anderen Möglichkeiten der Parameterbestimmung
gesucht. Diese Alternative wurde in der Berechnung der Probenkennwerte gefunden. Zunächst
wurde davon ausgegangen, dass der Querschnitt des Bauteils vorliegt und man aufgrund
von optischen Zuweisungen ein Gesamtverhalten berechnen kann. Dieses Vorgehen
wurde später nicht weiter verfolgt, da ein optischer Querschnitt wegen der
Individualität der Proben nicht zu bestimmen ist. Somit wurde sich auf das Gesamtverhalten
und die Summe der beteiligten Komponenten unter Berücksichtigung
der Wickelungsart konzentriert. Dieser Ansatz wurde in dem Programm Composer
umgesetzt, in dem vermessene Litzen zu einem Bündel komponiert werden und die
Steifigkeit, die Dichte und der finale Durchmesser errechnet wird. Mit den gemessenen Kennwerten wurde bewiesen, dass die Simulation bei korrekten
Parametern genaues Formverhalten darstellt. Da die Steifigkeit aufwendig zu
bestimmen ist, wurde ein Setup entworfen, in dem diese einen hohen Einfluss hat.
Mit bekannter Dichte wurde nun empirisch die Steifigkeit ermittelt und mit der Messung
verglichen. Hierbei konnte eine hohe Übereinstimmung erreicht und somit eine
Alternative zum Biegesteifigkeitstest vorgestellt werden. Die Poissonzahl für Kabel und Kabelbündel kann aufgrund der komplex aufgebauten Querschnitte nicht im Zugversuch ermittelt werden. Für Schläuche wurde zusätzlich die Veränderung des Innendurchmessers gemessen, um die genaue Querkontraktion festzustellen. Die Ergebnisse liegen in einem plausiblen Bereich, ihre Genauigkeit konnte allerdings nicht nachgewiesen werden. Für Kabel und Kabelbündel wurde anhand von Berechnungen versucht, die Torsionssteifigkeit aufgrund des Querschnitts
zu berechnen. Dieser Ansatz erwies sich wegen der Unberechenbarkeit der gegenseitigen
Einflüsse der Litzen als nicht präzise genug. Daraufhin wurde die Torsionssteifigkeit
im Drehversuch gemessen, um daraus mit bekanntem E-Modul die Poissonzahl
zu berechnen. Aufgrund von mechanischen Unzulänglichkeiten des entwickelten
Prüfstandes und dem sehr individuellen Verhalten von Kabelbündeln konnten zwar
wiederholbare, aber nicht immer sinnvolle Werte ermittelt werden. Auch hier wurde
die individuelle Wickelung und die Interaktion der Litzen als Hauptfehlerquelle erkannt.
Für Schläuche hingegen wurde mit dieser Methodik Ergebnisse erzielt, welche
sehr wiederholbar im Erwartungsbereich liegen.
Der Einfluss der Poissonzahl konnte als gering bewiesen werden, solange er sich
im positiven Bereich, befindet. Aus diesem Grund wird die Poissonzahl für Kabel
und Kabelbündel im Rahmen dieser Arbeit wie in [Old06] vorgeschlagen mit 0.25
übernommen. Für diesen Wert ergeben sich Formverläufe, welche sehr gut mit der
gemessenen Realität übereinstimmen. Für stark negative Werte, wie sie bei Gewebeschläuchen
auftreten, können die Kennwerte im Drehversuch ermittelt werden. Die
weitere Behandlung dieser Thematik wird im Ausblick angesprochen.
In Abbildung 8.1 werden die durchgeführten Versuche zur Ermittlung der Bauteilkennwerte
noch einmal schematisch zusammengefasst.
Aus dieser Übersicht wurde im Rahmen dieser Arbeit folgende Vorgehensweise entwickelt:
1. Ermittlung der Einzelkabeldichte anhand eines Pyknometers.
2. Ermittlung der Kabelsteifigkeit anhand der Rekonstruktion.
3. Zusammenstellen der Bündel mit dem Composer.
4. Berechnung der Steifigkeit und Dichte, Berücksichtigung der Wickelungsfaktoren
und Übergabe an die Simulation.
Durch dieses Verfahren ist es möglich, innerhalb kurzer Zeit sehr gute Bauteilkennwerte
zu erlangen, ohne dass die Bündel zeit- und kostenintensiv vermessen werden
müssen.
Das in der Einführung vorstellte Modell der Kabelsimulation wurde wie folgt verbessert:
• Es wurde erkannt, dass jede Simulationsmethode stark von den Einflussfaktoren
abhängt. Hierzu gehören geometrische Bedingungen sowie Materialverhalten.
Somit ist der Optimierungsbedarf zur Erlangung höherer Genauigkeit in den
Randbedinungen zu suchen und nicht nur in der Simulationsmethode.
• Die Bestimmung des Einflussfaktors „Material“ wurde zum ersten Mal wissenschaftlich
untersucht und durchgeführt.
• Der Einfluss geometrischer Faktoren wurde analysiert und beschrieben.