Studie zur Sterblichkeit in Deutschland offenbart komplexe Muster während der Corona-Jahre

Unter dem Titel „Cohort-resolved excess mortality in Germany (2000–2024): Patterns and implications for the SARS-CoV-2 era“ (https://doi.org/10.1371/journal.pone.0334884) untersuchten Dr. Robert Rockenfeller (Universität Koblenz) und Dr. Michael Günther (Universität Stuttgart) die Sterblichkeit in Deutschland von 2000 bis 2024 erstmals in einem sogenannten kohortenaufgelösten Ansatz. Dabei wurden die Daten nicht nur nach Jahren, sondern nach Altersgruppen und Kalenderwochen analysiert, um verborgene Unterschiede zwischen Generationen sichtbar zu machen.
Das Ergebnis zeigt ein deutlich differenzierteres Bild der Pandemiezeit, als es die bisher meist verwendeten Gesamtstatistiken erkennen ließen. So verzeichnete das Jahr 2020 keine außergewöhnliche Übersterblichkeit, während in den Jahren nach Beginn der Impfkampagne Ende 2020 neuartige Muster auftraten. Besonders auffällig waren anhaltende Abweichungen in den Altersgruppen der 35- bis 49-Jährigen sowie der 75- bis 79-Jährigen, die über mehrere Jahre hinweg bestehen blieben.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die entscheidenden Veränderungen in den Sterblichkeitsmustern erst nach Beginn der mRNA-Kampagne auftraten – nicht zu Beginn der Pandemie“, heißt es in der Studie. In mehreren Altersgruppen fanden die Autoren zudem unerwartete und zeitlich versetzte Korrelationen (Kreuzkorrelationen) zwischen den Übersterblichkeitsverläufen und den Raten der SARS-CoV-2-mRNA-Injektionen. Diese Ergebnisse stünden, so betonen die Forscher, nicht notwendigerweise für eine Kausalität, sondern unterstreichen den Bedarf an weiterführenden, hypothesenbasierten Untersuchungen. „Darüber hinaus zeigen unsere Berechnungen, dass sich die Übersterblichkeitsverläufe nach Alterskohorten teilweise erheblich voneinander unterscheiden“, erklärt Rockenfeller. „Solche Unterschiede können in aggregierten Gesamtdaten leicht übersehen werden.“ Die Studie hebt hervor, dass sich der Verlauf der Pandemie und ihrer gesundheitlichen Folgen nicht durch einfache Kennzahlen beschreiben lässt. Vielmehr zeige sich, dass gesellschaftliche, biologische und politische Faktoren in komplexer Weise zusammenwirkten. So sind etwa die Jahrgänge zum Ende der beiden Weltkriege offenkundig anfälliger für das allgemeine Krankheitsgeschehen, was sich in einem periodisch erhöhten Sterbegeschehen widerspiegelt.
„Unsere Arbeit ist ein Beitrag zu einer differenzierten, datenbasierten Aufarbeitung der Pandemiezeit“, sagt Günther. „Denn sie legt nahe, dass ein erheblicher Teil der öffentlichen und politischen Maßnahmen – von Lockdowns bis Impfpflicht – auf Annahmen beruhte, die sich im Rückblick als zumindest unzureichend belegt herausstellen.“
Die Autoren plädieren abschließend für eine dauerhaft fein aufgelöste, altersbezogene Sterblichkeitsüberwachung, um künftig gesundheitspolitische Entscheidungen besser nachzuvollziehen und beurteilen zu können – und um die Lehren aus der Corona-Zeit auf der Basis wissenschaftlicher Fakten zu ziehen.




