Eine Einführung in Grundprinzipien, Mehrwerte und historische Entwicklung offener Bildungsmaterialien
Die Abkürzung OER steht für Open Educational Resources, also für offene oder auch freie Bildungsmaterialien. Dahinter verbergen sich sowohl analoge als auch digitale Lehr-, Lern- und Forschungsmaterialien jeglicher Art und in jedem Medium. Einzelne Texte oder ganze Bücher, Lehrpläne, Kursinhalte, Poster, Bilder, Arbeitsblätter, Diagramme, Musik, Videos oder Karten – all dies und viele Dinge mehr können Open Educational Resources sein.
Film "Was sind OER?" Teil 1: Open Educational Resources unter der Lizenz CC BY-SA 4.0
Der Bestandteil ‚educational‘ bedeutet dabei aber nicht zwingend, dass es sich um ein explizit zu Bildungszwecken erstelltes Material handeln muss. Auch Medien, die ursprünglich keine didaktischen Elemente oder Hinweise enthalten, aber dennoch den Lernprozess unterstützen oder als Teil einer Lehr- und Lernressource dienen, können als Open Educational Resources betrachtet werden. Schließlich erleichtern auch sie den Zugang zu Wissen.
Die Besonderheit an diesen speziellen Medien ist, dass sie entweder gemeinfrei sind (also nicht mehr unter dem Schutz des Urheberrechts stehen) oder dass sie unter einer offenen Lizenz veröffentlicht wurden. Solch offene Lizenzen bewegen sich im Rahmen des Urheberrechts und ermöglichen zum einen den kostenlosen Zugang zum Material, zum anderen aber auch dessen Benutzung und Weiterverbreitung durch Dritte. Dabei bestimmen die Urhebenden selbst, welche Nutzungsrechte sie anderen einräumen, welche Rechte sie sich selbst vorbehalten möchten und an welche Bedingungen sie die Nutzung ihrer Werke knüpfen.
Ein zentraler Aspekt von Open Educational Resources sind also ihre speziellen offenen Lizenzen. Sie bestimmen die Reichweite einer Nutzung, Bearbeitung und Wiederverwendung und machen diese rechtlich überhaupt erst möglich. Diese Lizenzierung erfolgt in Deutschland in der Regel durch die Verwendung derCreative Commons Lizenzen.
„OER sind Lehr-, Lern- und Forschungsressourcen in Form jeden Mediums, digital oder anderweitig, die gemeinfrei sind oder unter einer offenen Lizenz veröffentlicht wurden, welche den kostenlosen Zugang sowie die kostenlose Nutzung, Bearbeitung und Weiterverbreitung durch Andere ohne oder mit geringfügigen Einschränkungen erlaubt.
Das Prinzip der offenen Lizenzierung bewegt sich innerhalb des bestehenden Rahmens des Urheberrechts, wie er durch einschlägige internationale Abkommen festgelegt ist, und respektiert die Urheberschaft an einem Werk. OER stellen eine strategische Möglichkeit zur Verbesserung von Wissensaustausch, Kapazitätsaufbau und universellem Zugang zu hochwertigen Lern- und Lehrmitteln dar.“
Film "Was sind OER?" Teil 2: Warum benötigt man OER? unter der Lizenz CC BY-SA 4.0
In den nachfolgenden Abschnitten geben wir einen Überblick darüber, wie frei Open Educational Resources sind und welche Möglichkeiten der Nutzung sie mitbringen. Lesen Sie auch gerne weiter, welche Mehrwerte OER für Hochschulen bieten, warum sie so beliebt sind und wie sich die Bewegung rund um OER im Laufe der Zeit entwickelt hat.
Die Definition des Offenen bei OER
Open Educational Resources werden im Deutschen oft mit „freien Bildungsressourcen“ oder „offenen Bildungsmaterialien“ übersetzt. Dies liegt daran, dass wenn man von OER spricht, mit dem Begriff open sowohl frei als auch offen gemeint ist. Das Attribut frei bezieht sich dabei auf den freien Zugang und die freie Verfügbarkeit der Materialien (vergleichbar dem Open Access), während offen die Möglichkeiten der Veränderung und Bearbeitung des Materials betont. Der US-amerikanische Lernpsychologe und Instruktionsdesigner David Wiley hat sich bemüht, den Begriff der Offenheit genauer zu definieren, und umschreibt ihn als das Recht, mit einem Material die folgenden fünf Aktivitäten (5R Activities oder 5R Permissions) ausüben zu dürfen:
1. Behalten (Retain). Bewahren Sie das Wissen.
Darunter wird die Freiheit verstanden, eine Kopie der Ressource erstellen, besitzen und kontrollieren (z. B. eine eigene Kopie herunterladen und behalten) zu dürfen.
2. Weitergeben (Redistribute). Teilen Sie das Wissen.
Darunter wird die Erlaubnis verstanden, Kopien einer ursprünglichen, überarbeiteten oder neu gemischten Version der Ressource an andere weiter zu geben (z.B. eine Kopie online zu stellen oder sie an Freund*innen oder Kolleg*innen zu verteilen).
3. Überarbeiten (Revise). Adaptieren Sie das Wissen.
Darunter wird das Recht verstanden, ein Material bearbeiten, anpassen und verändern (z. B. in eine andere Sprache übersetzen) zu dürfen.
4. Vermischen (Remix). Erweitern Sie das Wissen.
Darunter wird die Möglichkeit verstanden, eine ursprüngliche oder überarbeitete Kopie der Ressource mit anderem vorhandenen Material kombinieren zu dürfen, um etwas Neues zu schaffen.
5. Wiederverwenden (Reuse). Nutzen Sie das Wissen.
Darunter wird die Freiheit verstanden, eine ursprüngliche, überarbeitete oder neu gemischte Kopie der Ressource öffentlich, z.B. auf einer Website, in einer Präsentation oder im Unterricht, zu verwenden.
Dennoch: die eine einzige, allgemeingültige Definition von OER gibt es nicht. Die Vorstellungen, was genau als Open Educational Resources gelten kann und was nicht, variieren. Vor allem der Begriff der Offenheit gibt kontinuierlich Anlass zu Diskussionen.
Häufig wird bei der Konkretisierung von Offenheit auf die 5R Acitivities von Wiley und auf die Definition der UNESCO verwiesen. Interpretiert man diese sehr streng, kann als OER nur solches Material gelten, dass alle 5R Aktivitäten zulässt und keine Personen, Gruppen oder Nutzungszwecke ausschließt. Nach dieser Betrachtungsweise können nur die Materialien, die auch zu kommerziellen Zwecken genutzt werden dürfen, die Veränderungen zulassen und die kostenlos und frei zugänglich sind, als ‚echte‘ Open Educational Resources gelten.
Andere Interpretationen verstehen dies offener und betrachten alle Materialien, die zumindest frei zugänglich sind und öffentlich genutzt und weitergegeben werden dürfen, als OER. Wahre Offenheit beginnt mit kleinen Schritten, und es soll allen Urhebenden gestattet sein, sich frei entscheiden zu können, wie weit sie ihr Material für andere öffnen möchte. Demnach ist allein das Bereitstellen von Lehr- und Lernressourcen, selbst ohne die Möglichkeiten zu einer Veränderung oder kommerziellen Nutzung, eine Form der Öffnung von Bildung für alle und des Teilens von Wissen. Nach diesem Verständnis können alle unter einer CC-Lizenz veröffentlichten Materialien als Open Educational Resources gelten.
In der heutigen Zeit teilen wir schon viele Dinge digital mit anderen Menschen. Wir verabreden uns per Messenger mit Freund*innen und Bekannten, teilen unsere Termine über digitale Kalender mit den Kolleg*innen, wir schicken die schönsten Urlaubsbilder durch die Social-Media-Kanäle. Doch unser Fachwissen wird weiterhin oft nur analog weitergegeben – oder es bleibt einfach in unseren Köpfen. Warum nutzen wir nicht die Vorteile digitaler Medien auch in Forschung und Lehre? Warum teilen wir nicht unser Wissen? Genau darum geht es bei OER.
OER sind Materialquellen
Es gibt alle möglichen denkbaren Szenarien, warum Hochschullehrende aber auch Studierende nach Lehrmaterialien oder Teilen davon suchen. Manchmal brauchen wir für die nächste Vorlesung noch ein passendes Bild, manchmal für die nächste Präsentation noch eine gut gestaltete Infografik. Manchmal benötigen wir auch einfach nur etwas Inspiration, wie man einen Inhalt am besten didaktisch darstellt und sind neugierig, wie andere diese Herausforderung gemeistert haben.
Dies ist auch völlig legitim, warum schließlich sollte man das Rad immer neu erfinden?
Der nächste Schritt bei dieser Suche führt uns dann meistens zu den bekannten Suchmaschinen und wir durchforsten das Internet nach passenden Ergebnissen. Und oft wird es auch vorkommen, dass wir ein anreicherndes Video, eine gute Präsentation oder auch die fast perfekte Infografik finden, und wir würden das Material gerne nutzen und noch etwas auf unsere Bedürfnisse zuschneiden und anpassen. Aber leider verbietet uns das Urheberrecht in den meisten Fällen eine solche Verwendung des geschützten Materials.
Wäre es nicht schön, Materialien zu haben, die wir nicht nur finden, sondern auch nutzen und bearbeiten und anpassen und weiterverbreiten dürften? Wenn andere ihr Wissen frei mit uns teilen würden?
Zum Glück gibt es Open Educational Resources (OER). Diese offenen Materialien erlauben uns, je nachdem, mit welcher offenen Lizenz sie versehen wurden, nämlich genau das. OER bieten den Vorteil, dass sie nicht nur in aller Regel kostenlos zugänglich sind, sondern sie dürfen auch genutzt, bearbeitet, vermischt und weiter geteilt werden. Anhand von freien Lehr-Lern-Ressourcen können wir also die Vorteile der Digitalisierung von Bildungsmaterialien voll ausschöpfen, und werden dabei nicht durch das Urheberrecht ausgebremst. Und die nächste gute Nachricht: auch mit den gängigen Suchmaschinen können wir gezielt OER suchen und finden.
Open Educational Resources sind zahlreich, sie sind vielseitig und einfach super praktisch. Zudem können sie eine große Zeitersparnis durch den Austausch und die Wiederverwendung von Lehr-Lern-Materialien bedeuten.
OER bieten Rechtssicherheit
Das deutsche Urheberrecht ist umfangreich, komplex und mitunter auch kompliziert. In den meisten Fällen verwehrt es uns eine Nutzung, Veränderung und Vervielfältigung von fremdem Material. Auch wenn das Urheberrecht für den Bereich der Lehre und Forschung in einem streng reglementierten Rechtskatalog durch entsprechende Schrankenregelungen eine gewisse Nutzung von Werken Dritter zulässt, so sind wir angesichts deren hoher juristischer Komplexität doch oft verunsichert. Die Schrankenregelungen unterliegen zahlreichen, strikten Anwendungsvoraussetzungen, was uns im Zweifel von einer Verwendung des Materials dann doch absehen lässt.
OER bieten hier eine einfache, eindeutige und rechtssichere Variante der Nutzung von Werken Dritter. Durch die Verwendung spezieller, offener Lizenzen ist klar gekennzeichnet und leicht nachvollziehbar, welche Nutzungsrechte Urhebende einräumen, und welche Bedingungen sie dazu stellen. Die empfohlenen Creative Commons Lizenzen nutzen hierzu ein Baukastensystem mit verschiedenen Piktogrammen, die niedrigschwellig Zugang zu der Thematik verschaffen und recht leicht verstehen lassen, was genau ich mit einem Material tun darf, und was nicht.
OER sind Publikationen
So haben wir nicht nur einen Vorteil davon, wenn wir OER nutzen. Wir können auch Vorteile dadurch haben, dass wir OER erstellen. Vor allem seit in den ersten Wochen der Covid-19-Pandemie ad-hoc pragmatische Lösungen gefunden werden mussten, um die universitäre Lehre aufrechterhalten und auf Distanz durchführen zu können, hat die digitale Transformation den universitären Alltag stark verändert. Infolge dessen sind enorm viele Lehr-Lern-Materialien in digitalen Formaten erstellt worden. Warum sollten diese im virtuellen Keller Staub ansetzen? Schließlich haben wir oft sehr viel Zeit und Arbeit in die Erstellung dieses Materials investiert. Durch die Veröffentlichung zumindest einiger dieser Materialien als OER, können unsere bisher angestellten aber für die Öffentlichkeit doch eher unsichtbaren digitalen Bemühungen breit sichtbar werden. Open Educational Resources ermöglichen es somit, die Lehre – als zweites akademisches Feld neben der Forschung – für Publikationen zu öffnen.
Wird dann unser bereitgestelltes Material verwendet, verbreitet sich auch unser eigener Name, ähnlich wie bei Open Access Publikationen. Und so können qualitativ hochwertige OER auch Neugier auf andere klassische Publikationen wecken.
OER sind nachhaltig
Bei urheberrechtlich geschütztem Material ist man immer darauf angewiesen, dass die Urhebenden oder Verlage sie weiterhin zur Verfügung stellen, z.B. neue Auflagen drucken oder Onlinezugänge gewährleisten. Tun sie das nicht, kann die Ressource verloren gehen. Da ein als OER gekennzeichnetes Werk beliebig oft kopiert, gespeichert und bereitgestellt werden kann, hat es die Chance, sehr langlebig zu sein.
Zudem kann die Nutzung von OER die Effizienz steigern: Nicht jedes einzelne Arbeitsblatt müssen wir selbst erstellen. Nicht jedes in einer Vorlesung verwendete Foto müssen wir selbst machen. Nicht jede Infografik müssen wir selbst anfertigen. Die Verwendung von OER kann dazu beitragen, dass wir Materialien, Energie, Geld, Zeit und andere Ressourcen sinnvoller nutzen können, als das Rad immer wieder neu zu erfinden. Durch Open Educational Resources können wir mitnutzen, was andere vor uns erdacht haben. Wir können deren Material ergänzen, aktualisieren oder anderweitig an unsere Bedürfnisse anpassen – und diese Ergebnisse wiederum anderen zur Verfügung stellen. Wir recyclen Wissen. (Gerade bei durch öffentliche Gelder entwickeltem Material macht es wenig Sinn, wenn wir diese öffentlich finanzierten Lehrressourcen nicht auch wieder einer Öffentlichkeit zugänglich machen würden.)
Auch unter dem Aspekt der Chancengerechtigkeit können OER zur Nachhaltigkeit beitragen. Dadurch, dass keine zusätzlichen rechtlichen Hürden für ihre Weitergabe bestehen, können sie unabhängig vom globalen oder sozialen Standort weitergegeben oder genutzt werden. Sie sind eine erwägenswerte Form, um den Transfer von Wissen und die Bereitstellung von Bildung chancengerecht und inklusiv zu ermöglichen.
OER können die Lehre bereichern
So unterschiedlich wie die Menschen selbst sind auch ihre Arten zu lernen. Bildungssysteme sollten sich auf diese Heterogenität flexibel einstellen können. Sie dürfen nicht starr sein, sondern müssen sich weiterentwickeln und ggf. adaptieren. Chancengerechtigkeit und Inklusivität spielen in der Bildung eine besonders große Rolle. Möglichst vielen Menschen soll der Zugang zu hochwertiger Bildung ermöglicht werden. Damit Bildung flexibel gestaltet werden kann, um wirklich alle Menschen zu erreichen, müssen wir zum einen unser Wissen teilen, und zum anderen müssen auch die Materialien, mit denen wir unterrichten oder unterrichtet werden, entsprechend variabel sein.
Gerade in pädagogischen Kontexten ist es wichtig, dass wir Lehr-Lern-Materialien verändern können, um sie an den aktuellen Bedarf und an die jeweilige Zielgruppe und unterschiedliche Lernstände anzupassen. Durch Open Educational Resources erhalten wir Bildungsmaterialien, die wir nicht nur lesen und verwahren, sondern auch bearbeiten und verändern, also kürzen, ergänzen, digitalisieren, analogisieren, übersetzen oder auch mit anderen Materialien zu etwas Neuem vermischen können. Nur so können wir Materialien erstellen, zusammenstellen und verbreiten, die perfekt auf die Bedürfnisse der Lernenden und ihre Kompetenzniveaus zugeschnitten sind. Lehrende können OER also nicht nur frei abrufen, sondern auch für die eigene Lehre anpassen und dadurch einen Qualitätszuwachs erzielen.
Und zu guter Letzt können durch die Offenheit von OER verschiedene Gruppen wie Lehrende, aber auch Lernende zusammen und miteinander, kollaborativ und kooperativ, an der Weiterentwicklung von Bildungsmaterialien arbeiten. Daraus können sich dynamische Prozesse ergeben, die zu innovativen Lehr- und Lernszenarien führen können. Durch konstruktiven Austausch mit anderen Lehrenden und Forschenden, auch zwischen verschiedenen Hochschulen oder sogar Expert*innen außerhalb der Universitäten, können wertvolle Anregungen für die Qualitätssteigerung der eigenen Lehre erhalten und gegeben werden. Studierende können in die Entwicklung von Bildungsmaterialien einbezogen und zu aktiven Gestaltern ihres Lernraums werden. OER vereinfachen es, dass Bildung immer besser werden und immer mehr Menschen erreichen kann.
Die Geschichte der OER
Der Ursprung der Open Educational Resources liegt im akademischen Bereich und reicht bis zum Beginn des aktuellen Jahrtausends zurück. OER nahmen ihren Anfang, als das Massachusetts Institute of Technology (MIT) im Jahr 2001 ankündigte, fortan einen Großteil seiner Lehr-Lern-Materialien in Form von Videos, Literaturlisten und anderen Contentformaten öffentlich zugänglich zu machen. Wenig später fand im Sommer 2002 in Paris ein Forum über die „Auswirkungen von Open Courseware für die Hochschulbildung in Entwicklungsländern“ statt, in dessen Rahmen der Begriff der ‚Open Educational Resources‘ von der UNESCO geprägt wurde.
In den Folgejahren entwickelte sich daraus weltweit eine regelrechte OER-Bewegung. Im September 2007 fand ein Meeting von Unterstützer*innen dieser Bewegung in Kapstadt statt. Ziel dieses Treffens war es, die vielfältigen internationalen Bemühungen, offene Ressourcen, Technologien und Lehrmethoden innerhalb des Bildungswesens zu fördern und weiter zu verbreiten, in einen breiten, weltweiten Kontext zu stellen. Als Ergebnis dieser Konferenz wurde 2008 die Cape Town Open Declaration veröffentlicht. Sie betonte, dass die Erstellung und Nutzung von Open Educational Resources vor allem dem Ziel verpflichtet sein sollten, möglichst vielen Menschen Zugang zu Bildung zu ermöglichen.
Deutsche Diskurse erreichte das Thema verstärkt erst ab ca. 2012. Angestoßen durch die Auseinandersetzungen um sog. Schultrojaner, etablierte sich die Debatte um OER in Deutschland zunächst als eine reine Graswurzelbewegung von zumeist zivilgesellschaftlichen Akteur*innen. So fand auch der erste UNESCO Weltkongress zu Open Educational Resources 2012 in Paris noch ohne deutsche Beteiligung statt – leider symptomatisch für den damaligen deutschen Entwicklungsstand. Erst ab dem Jahr 2016 wurde die systematische Verbreitung des OER-Gedankens auch auf bundespolitischer Ebene durch KMK und BMBF aufgegriffen und in allen Bildungsbereichen weiterentwickelt.
Seitdem hält der Gedanke der Open Educational Resources immer stärkeren Einzug in das deutsche Bildungssystem und an Schulen und Hochschulen.
Im Jahr 2017 fand der zweite UNESCO Weltkongress zu OER statt, diesmal auch mit deutscher Beteiligung. Unter dem Thema „OER für inklusive und chancengerechte hochwertige Bildung“ wurde in dessen Rahmen der OER-Aktionsplan von Ljubljana verabschiedet.
2015 wurde von den Vereinten Nationen (UN) die Globale Nachhaltigkeitsagenda verabschiedet und darin 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDGs) formuliert. Ziel 4 formuliert dieAgenda Bildung 2030 – Chancengerechte und hochwertige Bildung (SDG 4). Open Educational Resources (OER) leisten dazu einen direkten Beitrag. Daher hat die UNESCO 2019 in ihrer Generalkonferenz mit der Empfehlung zu OER einen ersten, zwischenstaatlich anerkannten Text mit empfehlenden Charakter für die Mitgliedstaaten verabschiedet.
2022 griff das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Thema Open Educational Resources explizit auf und veröffentlichte dazu eine OER-Strategie, die die Ausgangssituation und Handlungsfelder für die Förderung offener und freier Bildungsmaterialien und für die Entwicklung digitaler Bildung beschreibt.
Im Jahr 2024 wurde die internationale OER-Bewegung durch den dritten UNESCO-Weltkongress zu Open Educational Resources (OER) in Dubai weitergeführt. Unter dem Leitmotiv „Digital Public Goods: Open Solutions and AI for Inclusive Access to Knowledge“ stand die Rolle digitaler Gemeingüter und insbesondere der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) im Zentrum der Diskussionen. Der Kongress widmete sich der Frage, wie technologische Entwicklungen – insbesondere generative KI – genutzt werden können, um den weltweiten Zugang zu offenem Wissen zu erweitern und nachhaltige Bildungsstrukturen zu fördern.
Als Ergebnis der Tagung wurde die „Dubai Declaration on Open Educational Resources (OER)” verabschiedet. Diese Erklärung dient als strategischer Fahrplan für Regierungen, Bildungseinrichtungen und weitere Interessengruppen, um OER-Initiativen weltweit zu stärken. Sie hebt das Potenzial neuer Technologien hervor, die von der UNESCO 2019 formulierte Empfehlung zu OER weiter voranzutreiben und den Zugang zu hochwertiger Bildung inklusiver zu gestalten. Zugleich betont die Erklärung die Notwendigkeit klarer rechtlicher und ethischer Rahmenbedingungen, um den verantwortungsvollen und gerechten Einsatz von Künstlicher Intelligenz in offenen Bildungsprozessen sicherzustellen.
BMBF (2022): OER-Strategie. Freie Bildungsmaterialien für die Entwicklung digitaler Bildung, Berlin. Butcher, Neil (2013): Was sind Open Educational Resources? Und andere häufig gestellte Fragen zu OER, deutsche Fassung bearbeitet von Barbara Malina und Jan Neumann, hrsg. von der Deutschen UNESCO-Kommission, Bonn.
Stand: 12/2025. Einige verlinkte Seiten sind zu einem späteren Zeitpunkt eventuell nicht mehr verfügbar.
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Das Open Educational Resources Lab der Universität Koblenz war ein Teilprojekt des Projekts "DigiKompASS – Digitale Kompetenzen aller sichtbar machen und steigern" (2021-2025). DigiKompASS wurde gefördert durch die Stiftung Innovation in der Hochschullehre.